INFORMIEREN

Home   INFORMIEREN

Lyme-Borreliose

Was George W. Bush, Richard Gere und Bastian Schweinsteiger verbindet

Sie alle leiden oder litten an der meistens durch Zecken übertragenen Lyme-Borreliose. Zecken gehören weltweit zu den gefährlichsten Krankheitsüberträgern überhaupt. Bereits 1991 wurde in wissenschaftlichen Publikationen darauf aufmerksam gemacht, dass Zeckenstiche eine zunehmend ernste Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellen. Mit einem einzigen Stich können sie eine Vielzahl von Krankheiten übertragen. Von Bakterien, Viren über Einzeller und Fadenwürmer haben sie nahezu alles „im Angebot“. Doch die sogenannten Co-Infektionen rücken häufig nicht ins medizinische Blickfeld, auch wurde bis heute kaum erforscht, wie sich für jeden Gestochenen im Einzelfall der unheilvolle Mix aus übertragenen Bakterien, Viren und anderen krankmachenden Mikroben auswirkt. Allein mit den gefährlichen Borrelien ist in manchen Gegenden bereits jede zweite Zecke infiziert.

Borrelien – uralte, trickreiche Überlebenskünstler

Borrelien, die Rede ist von einem trickreichen Überlebenskünstler, dem Bakterium Borrelia burgdorferi (Bb). Obwohl diese Mikrobe Europa bereits seit der Eiszeit bewohnt und sich weltweit millionenfach am Blut seiner Wirte labt, wurde sie erst 1981 entdeckt. Selbst die Eismumie Ötzi hat zu Lebzeiten unter Borreliose gelitten.

Hier Die 20 gefährlichsten und häufigsten Irrtümer über Zeckenstiche zum Download

Häufige Mythen über Borreliose

Die von Zecken übertragenen Borreliose-Erreger können die Ursache für schwere chronische Erkrankungen sein. Leider bleiben Borrelien als Ursache für langwierige Malaisen häufig unerkannt, denn sie können extrem viele verschiedene Krankheitsbilder imitieren – geradezu eine Einladung zur Fehldiagnose. Patienten, die sich beispielsweise mit Fibromyalgie-Syndrom, Multipler Sklerose, Polyneuropathie oder Depression quälen, können in Wahrheit einer falschen Diagnose zum Opfer gefallen sein. Ohne adäquate Differenzialdiagnostik lässt sich kaum ausmachen, wie viele Patienten, auch jene mit Arthrose, Schilddrüsenunterfunktion, Gelenkrheuma oder Chronischem Erschöpfungssyndrom, unter den gesundheitlichen Folgen leiden, die von der Spirochätenbakterie Borrelia burgdorferi verursacht wird. Jahre, manchmal jahrzehntelang bevölkern diese Patienten die Wartezimmer, ohne dass Ihnen wirklich geholfen wird. Das Gefährliche an einer Borrelien-Infektion ist der verzögerte Ausbruch. Es gibt für Borreliose noch nicht einmal eine festgelegte Inkubationszeit. Zwischen der Infektion und dem Ausbruch der Erkrankung bzw. ersten Symptomen können Wochen, Monate oder sogar Jahre vergehen. Wird die Borreliose erst Monate oder Jahre nach der Infektion diagnostiziert, wird die Behandlung schwierig. Ein Fakt, der häufig unerwähnt bleibt, weil fast immer nur über Borreliose im relativ gut behandelbaren Frühstadium gesprochen und geschrieben wird.

Gleichzeitig haben sich in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder neue Mythen um diese Erkrankung gebildet. Zunächst wurde sie für Arthritis gehalten, manche glauben das heute noch. Andere denken, Borreliose sei einfach zu diagnostizieren und einfach zu kurieren oder Borreliose sei selten. Nichts davon stimmt.

Mythos Nummer 1: Borreliose ist einfach zu diagnostizieren

Hegen Ärzte einen Borrelioseverdacht veranlassen sie eine Blutuntersuchung. Der sogenannte ELISA-Test (Enzyme-linked immunosorbent assay) soll ihnen verraten, ob sie es mit dem Erreger Borrelia burgdorferi zu tun haben. Dieser Test hat jedoch die unangenehme Eigenschaft, zu viele falsche Resultate zu produzieren. Anstatt Kranke zu identifizieren, sortiert dieser Test sie vielfach aus. Der ELISA, ist als Suchtest höchst unzuverlässig. Ein Problem, das Patienten und vielen Ärzten gar nicht bekannt ist. Lesen Sie hierzu auch: Warum Labortests negativ ausfallen und sie dennoch erkrankt sein können

Im Brandenburgischen Ärzteblatt erschien 2005 ein Artikel mit dem bezeichnenden Titel „Lyme-Borreliose – mehr Probleme als Lösungen?“ . Darin beschreiben Talaska und Krause das Problem der unsicheren klinischen Diagnose, wenn eben keine „typischen Fälle“ wie eine Wanderröte ausgemacht werden kann. „An dieser Stelle ist dann die serologische Diagnostik gefragt – allerdings oft überfragt“, lautet ihr Fazit. So weit, so schlecht. Das Deutsche Ärzteblatt, nach eigenen Angaben „der mit Abstand meistgelesene Titel der gesamten ärztlichen Fachpresse“, berichtet in „Lyme-Borreliose: Stand und Perspektiven der Diagnostik und Impfstoffentwicklung“: „Die Richtlinien der amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) empfehlen eine Zweistufendiagnostik […]. Die Umsetzung dieser Richtlinie wird gegenwärtig dadurch erschwert, dass die auf dem Markt verfügbaren Testverfahren nicht standardisiert sind.“

Im August 2010 fasste Dr. med. Achim Schwarzbach den schlechten Stand der Borreliose-Diagnostik in einer Pressemitteilung zusammen: „Die laborärztliche Diagnostik orientiert sich an den veralteten, bislang noch nicht modifizierten Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie aus dem Jahre 2000. Hier wird ein 2-Stufen-Schema zur Diagnose-Stellung einer Borrelien-Infektion vorgegeben: Zunächst muss ein ELISA-Test auf Borrelien-Antikörper durchgeführt werden und nur bei einem positiven oder grenzwertigen Reaktionsausfall im ELISA darf ein Immunoblot-Test die Antikörper bestätigen. Allerdings ist der Borrelien-ELISA-Test in bis zu über 70 Prozent aller Borreliosen falsch negativ. […] Es muss festgehalten werden, dass ein negativer ELISA-Test eine Borreliose nicht ausschließen kann und grundsätzlich der aussagekräftigere Immunoblot-Test anstelle des ELISA bestimmt werden muss. Hier kommt aber dann das komplette Dilemma der Borreliose-Diagnostik zum Vorschein: Die gesetzlichen Krankenkassen erstatten dem Patienten den Immunoblot-Test nur im Falle eines zuvor positiven oder grenzwertigen ELISA. Zudem wissen die meisten Ärzte überhaupt nichts von der Fehlerhaftigkeit des ELISA bei der Borreliose-Diagnostik und schließen die Borreliose bei einem negativen ELISA für den Patienten einfach aus!“

ELISA? Westernblot? Immunoblot-Test?

ELISA (Enzyme linked Immunosorbent Assay) ist ein Suchtest und Nachweisverfahren, das ebenso wie der, als Bestätigungstest dienende Westernblot-Test, nicht die Erreger selbst findet, sondern die Antikörper (Proteine), die unser Körper – im günstigsten Fall – immer und in ausreichender Anzahl gegen Krankheitserreger bildet. Diese Antikörper können bei Patienten aber durch eine Vielzahl von Gründen gar nicht oder nur eingeschränkt produziert werden!

Siehe auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Lyme-Borreliose

Beim Westernblot (auch Immunoblot) werden Antigene, die sich gegen spezifische Borrelia burgdorferi-Proteine richten und die man über unterschiedliche Reaktionen nachweisen kann, auf eine Membran übertragen (engl. blotting paper = Lösch- oder Fließpapier). Auf einer Art Papierstreifen bilden sich sogenannte Banden. Falls Sie bei dem Begriff „Banden“ an kriminelle Vereinigungen denken, müssen Sie ausnahmsweise umdenken. Diese Banden sehen so ähnlich aus wie Barcodes. Die unterschiedlichen Banden sind auch unterschiedlich bedeutsam, da sie eine ungefähre Vorstellung vermitteln, um welches Borreliosestadium es sich handeln könnte. Entsprechend ihrem Molekulargewicht werden die Proteine/Banden in kDa (Kilo Dalton) eingeteilt. Will man mit dem Westernblot frische von älteren Infektionen unterscheiden, geschieht dies durch die Antikörper, auch Immunglobuline genannt, der Klassen IgM und IgG. Auf Ihrem Laborergebnis sehen Sie beispielsweise „IgG“, was Immunglobulin G bedeutet, oder „IgM“, das ist folglich das Immunglobulin M. IgM-Antikörper gelten als die „schnelle Eingreiftruppe“, sie bilden sich relativ schnell nach einer Infektion. Die IgG-Antikörper dagegen lassen sich oft über Jahre, manchmal sogar ein Leben lang nachweisen, sie sind das „Gedächtnis“ unseres Immunsystems.

Wie gesagt, unzählige Borreliosekranke können jedoch – aus verschiedenen Gründen – nicht genügend Antikörper gegen Borrelien bilden. Ein nicht zu unterschätzendes Problem. Der Patient könne sich glücklich schätzen, wenn das, was an Antikörpern übrig bleibt, überhaupt ausreiche, um aufzufallen, schreibt Dr. Harold Smith in seiner lesenswerten Abhandlung „Two-tier testing system must go“. Borrelien zögen sich sehr bald ins Gewebe zurück und mit ihnen die Antikörper. Sein niederschmetterndes Urteil lautet: Für die meisten Borreliosepatienten ist dieses Testsystem weder wissenschaftlich oder praktisch, noch ethisch oder rational sinnvoll. Wissenschaftlich unsinnig, weil Lyme-Borreliose keine Krankheit sei, bei der Antikörper frei im Blut zirkulieren und darauf warten, den Cut-off, also die „Schwelle“, zu überschreiten, ab der Patienten nicht an Borreliose leiden oder, anders ausgedrückt, ein positives oder negatives Ergebnis erzielen. Den Cut-off, die Ziffer, ab der das Laborergebnis als positiv oder negativ bewertet wird, definiert übrigens jedes Labor anders.

Antikörper haben die Gewohnheit, auch dann noch durch unseren Körper zu patrouillieren, wenn eine Infektion längst bekämpft ist. Daher sagen Antikörpertests im Grunde nur aus, dass unser Körper mit einem Erreger in Kontakt gekommen ist; sie bestätigen keine aktive Infektion mit Borrelien, schließen sie aber auch nicht aus. Entscheidend ist und bleibt die klinische Diagnose anhand der Symptomatik!

Ein Jahr nach dem Zeckenstich kann die Prozentzahl der mittels falsch-negativem ELISA-Test „Aussortierten“ mehr als 50 Prozent betragen, ergaben Studien. Andere Untersuchungen kommen sogar auf 70 Prozent falsch-negativer Ergebnisse im Borreliose-Frühstadium und bis zu 46 Prozent im Spätstadium.  Gäbe es nicht einen Aufschrei, wenn Menschen mit einem Test auf HIV untersucht würden, der nahezu Zweidrittel der AIDS-Kranken unentdeckt ließe?

Mythos Nummer 2: Borreliose ist einfach zu kurieren

Bislang hat man fast nur die Therapieerfolge einer Borreliose im Frühstadium untersucht. Es gibt allerdings kaum Langzeitstudien zum Therapieerfolg bei Borreliose-Infektionen, die aufgrund der unspezifischen Symptomatik erst Monate oder sogar Jahre nach dem oft auch noch unbemerkt gebliebenen Zeckenstich behandelt werden.

Die Firma Viramed AG meldete 2005 ein Europäisches Patent mit der Nummer EP1726960 für ein Testkit zur Borreliose-Diagnostik an. Die Begründung und Beschreibung für das Patent ist aufschlussreich: „Nachteilig bei den Bestätigungstesten des Stands der Technik ist, dass sie eine Borreliose-Infektion im Stadium I der Erkrankung in nur 20 bis 50 % der Fälle nachweisen (siehe beispielsweise WO 91/09870). Da eine vollständige klinische Heilung nach dem Erreichen eines späteren Erkrankungsstadiums häufig nicht möglich ist, sollte jedoch eine beginnende Lyme-Borreliose-Infektion möglichst frühzeitig diagnostiziert werden.“
Quelle: http://www.patent-de.com/20070111/EP1726960.html

Informationen, mit denen sich in der Regel an ein größeres Publikum gewendet wird, enthalten weder den Hinweis, dass mindestens 50 Prozent der Borreliosetestergebnisse falsch sind, noch dass eine vollständige Heilung in einem späteren Krankheitsstadium häufig nicht mehr möglich ist. Nichts davon erfahren Leser aus den Apothekenmagazinen, Illustrierten, Zeitungen oder die Fernsehzuschauer der TV-Gesundheitssendungen.

Über 700 peer-reviewed Artikel zeigen, dass Borrelien persistieren können

Inzwischen ist die wissenschaftliche Literatur zur Persistenz des Borreliose-Erregers und seinen Möglichkeiten, Antibiotika und dem Immunsystem auszuweichen, überwältigend, siehe hier: http://www.ilads.org/ilads_news/wp-content/uploads/2015/09/EvidenceofPersistence-V2.pdf

Mythos Nummer 3: Borreliose ist selten

Das kann guten Gewissens kaum behauptet werden, weil die notwendigen epidemiologischen Erhebungen dazu fehlen. Die Borreliose-Infektion ist nicht in allen Bundesländern und Stadtstaaten meldepflichtig; es fehlen seit Jahrzehnten belastbare, epidemiologische Daten. Krankenkassen kommen aufgrund der ICD-codierten und abgerechneten Borreliose-Diagnosen auf deutlich höhere Zahlen, als sie das Robert Koch-Institut oder das Nationale Referenzzentrum Borrelien verbreitet.

Merken