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Die Leitlinienautoren der Leitlinie Neuroborreliose – Teil II

Wie in Teil I dokumentiert haben Leitlinien erheblichen Einfluss auf die Versorgung von Patienten. Dabei hängt die Qualität einer Leitlinie vor allem von der Unabhängigkeit der Leitlinienautoren und ihrer Entwicklungsmethodik ab. Das wird bei der S1-Leitlinie zur Neuroborreliose, die lediglich die subjektive Literaturauswahl und Meinung weniger Exprten wiedergibt, besonders deutlich. Mit Verlängerung der Leitlinie Neuroborreliose der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) haben nun erstmals auch diese Leitlinienautoren ihre Interessenskonflikte (Conflicts of Interest/COI) offengelegt. Wer sind die Experten der Leitlinie Neuroborreliose und wessen Interessen vertreten sie? Wir haben uns die Leitlinienautoren etwas näher angesehen.

Professor Dr. E. Schmutzhard

COI: Erhält Honorare für  Vorträge bzw. Schulungen von Bayer, Pfizer, Baxter und Sandoz sowie finanzielle Zuwendungen für Forschungsvorhaben etc. von Bayer

Professor Schmutzhard ist Stellvertretender Direktor der Universitätsklinik für Neurologie der Medizinischen Universität Innsbruck. Er ist Mitglied im Vorstand der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie (ÖGN) und der Österreichischen Gesellschaft für Tropenmedizin (ÖGTP). Gemeinsam mit Professor Dr. Diener ist er in der Kommission Leitlinien der DGN. Daneben ist er Leitlinienautor in verschiedenen Leitliniengruppen,  z. B. Immunvermittelte Erkrankungen der grauen ZNS-Substanz oder Neurosarkoidose und federführender Leitlinienautor der Leitlinie Atypische erregerbedingte Meningoenzephalitiden. Zusammen mit Dr. Fingerle war er im Leitlinienkomitee der Europäischen Leitlinie für die Diagnose und das Management der europäischen Lyme-Borreliose (European Federation of Neurological Societies).

Die Angaben in der Interessenskonflikt-Erklärung von Professor Schmutzhard, Mitglied der DGN-Leitlinienkommission, lassen staunen. Bereits nach relativ kurzer Recherche zeigt sich eine erhebliche Diskrepanz zu den angegebenen finanziellen Zuwendungen.

In einem Handout 2010 zu „Akuter und disseminierter Enzephalomyelitis und hämorrhagischer Leukenzephalitis“ erscheinen unter Interessenskonflikten: ALSIUS, KCI, Pfizer, Sandoz, Bayer, Actelion, Novo-Nordisk und CSL Behring. Als Referent bei der DGN-Fortbildungsakademie 2010 zum Thema „Virale Enzephalitis“ gab er als Interessenskonflikte Forschungsunterstützung und Vortragshonorare der Firmen ALSIUS, Pfizer, Bayer, Sandoz, Novo-Nordisk, Actelion und Novartis an. Auch beim Leitlinienkomittee der Europäischen Leitlinie für die Diagnose und das Management der Europäischen Lyme-Borreliose erscheint unter Interessenskonflikte finanzielle Unterstützung von Novo-Nordisk, Bayer, Actelion, KCI und ALSIUS. In einem weiteren Vortrag zu „Infectious Myelopathies“ 2011 erscheinen als Interessenskonflikte Actelion, Alsius-Zoll, Baxter, Bayer, GSK, Innercool-Philipps, Novartis, Novo-Nordisk, Pfizer und Sandoz. Demnach war Professor Schmutzhard seit 2010 für 12 verschiedene Firmen tätig, von denen lediglich vier in seiner Interessenskonflikt-Erklärung erscheinen.

Interessenskonflikte immer vollständig angegeben?

Auch der Schweizer Leitlinienautor, Professor Dr. Sturzenegger gibt eine Interessenskonflikt-Erklärung ab. Aber, ist sie auch vollständig?

Professor Dr. M. Sturzenegger

COI: Kein Interessenskonflikt angegeben

Prof. Dr. Sturzenegger ist Leitender Arzt der Universitätsklinik für Neurologie im Inselspital der Universität Bern. Er ist im Vorstand der Schweizerischen Kopfwehgesellschaft, Mitglied der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft (SNG), der Schweizerischen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie,  European Parkinson Disease Association, European Stroke Counsil (Schlaganfall), International Society for Cerebral Hemodynamics (Herz- und Gefäßfunktion) und European Spine Society (Wirbelsäule). Ferner ist er Präsident des Preiskomitees der Annemarie Opprecht Foundation (internationale Forschung zu Parkinson).

Im Rahmen seiner Forschungsaktivitäten nahm Professor Sturzenegger 2009 an einer von Novartis geförderten Studie teil. Novartis findet sich auch unter den Sponsoren des Symposiums „Psychosomatik auf der Höhe“ vom September 2012 der Quadrimed-Kliniken Berner Klinik Montana und Luzerner Höhenklinik Montana. Beide Kliniken bieten stationäre psychosomatische Therapien an. Indikationen: Depression, Burn out, Angst- und Panikstörungen, chronische Schmerzen, Fibromyalgie, somatoforme Störungen etc. Dort referierte Professor Sturzenegger zu „Medikamenteninduzierte Kopfschmerzen: Klinik und Therapie“.

Die Diagnose und Therapie von Schmerzen zählt zum Schwerpunkt von Professor Sturzenegger. In seinen Vorträgen und Fortbildungen zum Thema taucht dabei über Jahre hinweg immer wieder die Firma Pfizer auf. Auch die Schweizerische Kopfwehgesellschaft, in deren Vorstand Sturzenegger ist, wird von Firmen wie Astra Zeneca und Pfister gefördert. Auffällig ist dies vor allem bei Fortbildungsseminaren der Medical Tribune. Bereits 2002 erläuterte  Sturzenegger in einem von Pfizer unterstützten Seminar Fallbeispiele zu „Migräne oder gefährlicher Kopfschmerz?“. 2008 folgte eine Medical Tribune-Fortbildung unterstützt von Pfizer und Lasotronic zum „Erfolgreichen Management von Schmerzpatienten“. Eingeleitet wurde dieses Seminar mit dem Thema „Neuropathische Schmerzen“ durch Professor Sturzenegger. Über medikamentöse Therapie bei neuropathischem Rückenschmerz referierte er 2008 im Universitätsspital Zürich, Sponsor Pfizer AG. Bei der 7. Jahresversammlung der SGIM 2009 war Sturzenegger als Referent des Satelliten-Symposiums der Firma Pfizer mit dem Thema „Neuropathische Schmerzen bei Diabetespatienten“ vertreten und gab Empfehlungen zu Prophylaxe und Therapie der diabetischen Neuropathie.

Auch bei Evidentia, einem Evidenzportal für Diagnostik und Therapie, findet sich Professor Sturzenegger als Supervisor bei „Diagnose und Therapie des Neuropathischen Schmerzes“, unterstützt von Lilly. Anlässlich eines Industriesymposiums 2012, organisiert durch Eli Lilly, gab der Professor bei der Jahrestagung in Basel ein Update zu neuropathischen Schmerzen.

Neuropathische Schmerzen werden vorwiegend symptomatisch behandelt, es sei denn sie sind durch einen Mangelzustand (z.B. Guillan-Barre-Syndrom) oder eine Infektion (z.B. Borreliose oder Herpes Zoster) verursacht. Pfizer und Eli Lilly gehören zu den Marktführern bei der Therapie neuropathischer Schmerzen. Pregabalin, Handelsname Lyrica, ist ein solches Medikament von Pfizer zugelassen zur Behandlung von neuropathischen Schmerzen, Epilepsie und generalisierten Angststörungen. In Deutschland war Lyrica 2009 mit einem Umsatz von rund 220 Millionen Euro auf Platz 12 der umsatzstärksten patentgeschützten Arzneimittel. Cymbalta, ein Antidepressivum, das häufig bei der Therapie von neuropathischen Schmerzen zum Einsatz kommt, gehört mittlerweile zu den umsatzstärksten Medikamenten der Firma Eli Lilly.

Außer im Leitlinienkomitee der Leitlinie Neuroborreliose ist Professor Sturzenegger auch noch Leitlinienautor weiterer Leitlinien wie der S1-Leitlinie Neurosyphilis oder der S1-Leitlinie FSME unter Federführung von Professor Kaiser. Professor Kaiser gehört ebenfalls zu den Leitlinienautoren der Leitlinie Neuroborreliose, dazu aber mehr im nächsten Teil.

 



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