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Leitlinien: OnLyme-Aktion.org – Vorschläge zur redaktionellen Unabhängigkeit

Vor kurzem beteiligte sich das Aktionsbündnis OnLyme-Aktion.org mit Vorschlägen am DELBI-Konsultationsverfahren zur methodischen Bewertung von medizinischen Leitlinien, da die Regelungen zur „Redaktionellen Unabhängigkeit“ von OnLyme-Aktion.org als nicht ausreichend betrachtet werden. Inzwischen hat der DELBI-Expertenkreis die eingereichten Vorschläge geprüft und leider abgelehnt.

Die Einschätzung von OnLyme-Aktion.org zur Notwendigkeit einer transparenten Darstellung von Interessenskonflikten wird von der DELBI-Kommission zwar geteilt, die geforderte Dokumentation einer Überprüfung von Leitlinienautoren durch eine unabhängige Kommission, die frei von Interessenskonflikten ist, wird allerdings für nicht umsetzbar gehalten. Interessenskonflikte seien nicht messbar, lautet die Argumentation, zudem würden Prozesse gefährdet oder gar blockiert, da definitionsgemäß niemand frei von Interessenskonflikten sei.

OnLyme-Aktion.org regte des Weiteren an, Leitlinienautoren mit Interessenskonflikten von der Bewertung der Evidenzen und Konsensfindung auszuschließen. Dieser Vorschlag wurde abgelehnt. Begründung: Das würde die Leitlinienerstellung aus Sicht der Kommission unmöglich machen, da unter anderem auch intellektuelle Interessenskonflikte berücksichtigt werden und somit niemand mehr an der Bewertung von Evidenzen und Konsensfindung teilnehmen könnte.

Man fände niemanden mehr für die Leitlinien? Das ist in der Tat eine mehr als bemerkenswerte Aussage. Und wie verträgt sich das mit der zugrundeliegenden Ethik aller im Gesundheitswesen Tätigen, dass sich ihr Handeln allein am Wohl des Patienten auszurichten hat?

Zum Hintergrund: Experten und Verbände rund um das Thema Leitlinien und Qualitätssicherung

Das Deutsche Leitlinien-Bewertungsinstrument DELBI geht aus einer Kooperation des Ärztlichen Zentrums für Qualitätssicherung (ÄZQ), der AWMF und Partnern aus Versorgungspraxis, Wissenschaft und Gesundheitsverwaltung hervor. Im Expertenkreis finden sich neben Mitgliedern des ÄZQ auch Vertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, des Gemeinsamen Bundesausschusses, des IQWiG und der AWMF. Nicht im Expertenkreis vertreten sind die Patienten selbst bzw. deren Vertreter.

Das ÄZQ ist ein wissenschaftliches Institut in Trägerschaft der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung, in deren Auftrag Projekte auf den Gebieten der Qualitätsförderung, Leitlinien/Evidenzbasierte Medizin aber auch Patienteninformation und Patientensicherheit bearbeitet werden. Im Bereich Qualitätsverbesserung arbeitet das ÄZQ eng mit dem Patientenforum der Bundesärztekammer zusammen. Das betrifft sowohl die Beteiligung von Patienten an der Bewertung der Qualität von Informationen als auch die gemeinsame Entwicklung von Instrumenten und Verfahren zur Qualitätsbewertung. Doch ausgerechnet die Bundesärztekammer, deren hoheitliche Aufgabe die Aufsicht über die Ärzte ist, scheint es mit Interessenskonflikten nicht so genau zu nehmen.

Ärzte-Lobbyist verteidigt Schmiergeld für Mediziner

„Ein ganz normales, natürliches Verhalten“, so kommentierte der damalige Vize- und jetzige Präsident der Bundesärztekammer, der auch Vorsitzender des ÄZQ-Verwaltungsrats ist, die Zahlungen eines Pharmakonzerns an Mediziner für die bevorzugte Verordnung hauseigener Präparate. Ein klarer Widerspruch zur Berufsordnung der Ärzte in Deutschland, so der SPIEGEL.

Auf den Gebieten der Leitlinienmethodik und Nationalen Versorgungsleitlinien kooperiert das ÄZQ eng mit der Arbeitsgemeinschaft der Medizinischen Wissenschaftlichen Fachgesellschaften (AWMF). Der ÄZQ-Leiter ist Mitglied der AWMF-Leitlinienkommission. Die AWMF ist ein eingetragener Verein und wurde gegründet, um die Interessen der beteiligten Fachgesellschaften besser gegenüber staatlichen Institutionen und Körperschaften des öffentlichen Rechts vertreten zu können. Die AWMF koordiniert die Entwicklung von Leitlinien für die Diagnostik und Therapie dieser Fachgesellschaften, darunter auch die Leitlinie Neuroborreliose der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, gegen die OnLyme-Aktion.org Einwände erhoben hat.

Leitlinien – enge Verflechtungen der Experten und Gremien

Das ÄZQ ist Gründungs- und Fördermitglied des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin (DNEbM), dem deutschsprachigen Kompetenz- und Referenzzentrum für alle Aspekte evidenzbasierter Medizin. Das DNEbM ist wiederum Mitglied der AWMF. Der größte DNEbM-Fachbereich ist der Fachbereich Leitlinien. Sprecherin dieses Fachbereichs ist die Leiterin des AWMF-Instituts für Medizinisches Wissensmanagement und stellvertretende Vorsitzende der AWMF-Leitlinienkommission. Patienten sollte bewusst sein, dass Experten und Verbände rund um das Thema Leitlinien und Patientensicherheit eng miteinander verbunden sind.

 

 



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